Die vorausschauende Zusammenstellung einer Reiseapotheke ist sicherlich vernünftig.
Je länger die Reise dauert, je schlechter die Gesundheitsversorgung in dem bereisten Land ist und je mehr Medikamente man selbst regelmäßig einnimmt, um so wichtiger und umfangreicher wird die Reiseapotheke ausfallen.
Medikamente, die man regelmäßig einnimmt:
Diese sollen in ausreichender Menge (eventuell mit einer kleinen Reserve) mitgenommen werden. Dabei ist es sinnvoll, zwischen Handgepäck und Fluggepäck aufzuteilen. Bestimmte Lagerungsvorschriften können bei besonderen Medikamenten (z.B. Insulin) einzuhalten sein.
Es ist anzuraten eine von einem Arzt bestätigte Aufstellung über die mitzuführenden Medikamente vorweisen zu können. Dies vor allem, wenn aufgrund der Dauer der Reise große Mengen mitgeführt werden müssen. Für Medikamente, die Suchtgifte (z.B. manche starke Schmerzmittel), oder sogenannte „psychotrope“ Substanzen (z.B. manche Schlafmittel oder Beruhigungsmittel) enthalten, ist ein eigenes Formular vorhanden, das vom Arzt ausgefüllt und vom Bezirksgesundheitsamt gegengezeichnet werden kann.
Bedenken Sie, dass das Ausfüllen solcher Formulare keine Kassenleistung ist und von Ihrem Arzt in Rechnung gestellt werden kann. Außerdem liegt die Verantwortung dafür, welche Bestätigung Sie einholen, ausschließlich bei Ihnen. Wenn Sie unsicher sind, informieren Sie sich bei der Vertretung des bereisten Landes.
Eigentliche Reiseapotheke:
Es ist einerseits sinnvoll einige Medikamente mitzuführen, andererseits sollen nur solche Medikamente eingesetzt werden, mit denen man auch umgehen kann. Die meisten der in Frage kommenden Medikamente werden eher nur Befindlichkeitsstörungen, oder lästige Beschwerden lindern, oder symptomatisch wirken. Die Behandlung schwerer Erkrankungen wird auch auf Reisen eher durch einen Arzt erfolgen. Ein besonderes Kapitel in diesem Zusammenhang ist der Einsatz von Antibiotika und die Malariaprophylaxe und Behandlung.
Ihre Krankenkasse bezahlt die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen, teilweise auch Vorsorgemaßnahmen. Für die Reiseapotheke darf Ihnen Ihr Arzt Medikamente nicht auf Kassenkosten verschreiben.
Durchfallmedikamente:
Reisedurchfall ist häufig und sehr lästig. Es steht vor allem der Wirkstoff Loperamid (Enterobene®, Immodium®) zur Verfügung. Der Einsatz ist rein symptomatisch gegen den Durchfall, die zugrunde liegende Ursache wird dadurch nicht bekämpft. Der alleinige Einsatz darf nur bei gutem, oder gering beeinträchtigtem Allgemeinzustand, fehlendem Fieber, kein Blut im Durchfall erfolgen. Wenn eine Besserung nicht nach zwei Tagen eintritt ist ärztlicher Rat einzuholen.
Orale Rehydratation:
Die orale Rehydrierungslösung (Normhydral® für Erwachsene, Normolyt® für Kinder oder Lytomed-Heidelbeer-Elektrolytlösung®) ist geeignet, um dem Flüssigkeits- und Elektrolytverlust bei Durchfall, der insbesondere bei Kindern, oder chronisch kranken Menschen gefährlich ist, entgegenzuwirken.
Übelkeit, Erbrechen:
Metoclopramid (Paspertin® als Tabletten und Ceolat® als Lösung) ist gut wirksam.
Reisekrankheit, Kinetosen, Seekrankheit:
Demenhydrinat (Vertirosan®) als Kaugummi oder Dragees vorhanden, soll schon 3-4 Stunden vor Reiseantritt eingenommen werden.
Scopalamin als Pflaster (Scopoderm®)
Ingwer (z.B. Zintona® Kpsl.)
Schmerzmittel, fiebersenkende Mittel:
Die meisten Schmerzmittel sind auch fiebersenkend und viele auch entzündungshemmend. Trotzdem sind sie praktisch ausschließlich symptomatisch wirksam. Zu beachten ist, dass sie nur bei stärkeren Schmerzen, oder höherem Fieber zur Anwendung kommen sollen. Die Dosierung soll so hoch sein, dass eine gute Wirksamkeit erzielt wird, aber so niedrig wie gerade für die Wirksamkeit nötig. Auf keinen Fall soll die Anwendung über einen längeren Zeitraum, vorbeugend, oder bei nicht befriedigender Wirksamkeit erfolgen. Die angegebene Tagesdosis darf nicht überschritten werden. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind zu beachten. Am besten nimmt man ein Schmerzmittel, das man schon kennt. Wenn man ständig Medikamente zu sich nimmt, soll man sich vorher informieren, ob die zusätzliche Einnahme des Schmerzmittels unbedenklich ist. Es gibt eine große Anzahl zugelassener Schmerzmittel, weswegen ich nur einige Produkte beispielhaft anführen kann.
Paracetamol (z.B.: Mexalen®): gut schmerzlindernd, gut fiebersenkend, gut verträglich, Vorsicht bei schweren Lebererkrankungen und in Kombination mit viel Alkohol. Keine höheren Dosen als angegeben. Ein Standardmedikament für fieberhafte Erkrankungen.
Metamizol (z.B. Novalgin®): sehr gut schmerzlindernd, sehr gut fiebersenkend.
Diclofenac (z.B. Deflamat®, Voltaren®): gut schmerzlindernd, gut fiebersenkend, gut entzündungshemmend. Auch für entzündliche Gelenksschmerzen besonders gut geeignet. Vorsicht bei Herzerkrankungen, belastet den Magen.
Dexibuprofen (Seractil®): gut schmerzlindernd, gut fiebersenkend, gut entzündungshemmend.
Augen- und Ohrentropfen:
Einfache Tropfen zum Befeuchten und Reinigen und eventuell cortisonhaltige Tropfen für Entzündungen.
Nasentropfen/Sprays:
Einfache Kochsalztropfen zum Befeuchten und Reinigen. Bei bekannten Allergien, die dauerhaft eingenommenen Tropfen und Sprays nicht vergessen.
Eventuell auch einfache abschwellende Mittel (kurz einnehmen, wirkt nur gegen verstopfte Nasen, nicht gegen rinnen)
Antiallergische Mittel:
Desloratadin und andere in Tablettenform, können auch ohne bekannte Allergie bei Jucken, Nesselausschlag usw. hilfreich sein, wenn man sich zutraut, diese zu erkennen.
Dimetinden (Fenistil®) Gel bei umschriebenen Hautreaktionen.
Wund und Heilsalbe:
z.B. Bepanthen®, nicht auf offene Wunden schmieren, kann aber die Wundumgebung geschmeidig halten und damit zur besseren Heilung beitragen.
Desinfektionsmittel, Pinzette, Schere, Pflaster, Verbandsmaterial mit Maß und Ziel. Nehmen Sie nicht mehr mit, als sie im Bedarfsfall auch anwenden können.
Antibiotika:
Generell muss angemerkt werden, dass viel weniger Erkrankungen mit Antibiotika behandelt werden sollen, als allgemein angenommen wird.
Die größte Gruppe der sinnlos mit Antibiotika behandelten Erkrankungen sind banale Atemwegsinfektionen, von Schnupfen, Ohrenschmerzen, über Halsschmerzen bis zum Husten. Diese sind meist durch virale Infekte bedingt und selbstlimitierend. Sie würden also von einer Antibiotikabehandlung nicht profitieren, diese sollte also unterbleiben. Das gilt auch, wenn man längere Zeit davon belästigt wird. Im Vergleich dazu sind die eitrige Angina, die bakteriell superinfizierte Nasennebenhöhlenentzündung, die eitrige Mittelohrentzündung und die Lungenentzündung, die antibiotisch behandelt werden sollen selten. Meiner Erfahrung nach hängt die Einschätzung der Patienten, ob ein Antibiotikum sinnvoll ist, mehr von Einstellungen und der Persönlichkeit des Patienten, als den Tatsachen ab. Es kann also dem Patienten im Allgemeinen nicht empfohlen werden, selbst zu entscheiden, ob antibiotisch behandelt werden soll. Somit empfehle ich für solche Fälle generell keine antibiotische Selbstbehandlung, sondern abwarten und gegebenenfalls das Aufsuchen eines Arztes.
Die zweite Gruppe ist der Reisedurchfall. Dieser ist oft von bakteriellen Erregern, aber auch von Viren hervorgerufen. Eine Selbstbehandlung sollte ohnehin nur bei harmlosen Verläufen erfolgen. In diesen Fällen ist der Reisedurchfall selbst limitierend und heilt nach ein paar Tagen aus. Eher sollten also auch in diesem Fall die Risken einer antibiotischen Selbstbehandlung nicht in Kauf genommen werden.
Harnwegsinfekte sind vor allem bei einer vorbestehenden Neigung zu erwarten. Nehmen Sie sich, wenn Sie von so einer Neigung wissen, ein Antibiotikum mit. Für Frauen ist z.B. Fosfomycin (Monuril®) geeignet, das nur ein- bis zweimal eingenommen werden muss.
Wenn natürlich abzusehen ist, dass überhaupt keine ärztliche Versorgung vorhanden sein wird, kann die Mitnahme von Antibiotika ihre Berechtigung haben. Nur, wann wollen Sie sie einsetzen? Am ehesten bei höherem Fieber und verschlechtertem Allgemeinzustand. Der verschreibende Arzt wird selbst entscheiden, was für Sie in Frage kommt. Beispielhaft seien Azithromycin, Ciprofloxacin, Rifaximin, Amoxicillin (+Clavulansäure) angeführt.
Malariaprophylaxe und Notfall-Selbsttherapie (eigenes Kapitel)