Pneumokokken
Streptokokkus pneumoniae ist die nomenklatorisch korrekte Bezeichnung für Pneumokokken. Es handelt sich dabei um grampositive bekapselte (Polysacharidkapsel) Diplokokken, die in 91 verschiedenen Serotypen vorkommen.
Pneumokokken sind die häufigsten bakteriellen Erreger der Lungenentzündung (Viren sind häufiger). Diese klassischen Lobärpneumonien können mit einer systemischen Infektion einhergehen, was in einer Blutkultur nachgewiesen werden kann. Weitere durch Pneumokokken hervorgerufene Erkrankungen sind die Sepsis und die Meningitis, sowie Infektionen im HNO-Bereich (akute Otitis media).
Pneumokokken sind Teil der physiologischen Nasen und Rachenflora. Das heißt, sie kommen in Nasen und Rachen von Gesunden vor. Dadurch können Gesunde Pneumokokken übertragen und auch selbst, aus ungeklärten Gründen plötzlich an ihren eigenen Pneumokokken erkranken. Ungefähr 60% aller unter 6 jährigen und 25% aller über zehn jährigen, sowie 6% aller Erwachsenen in Haushalten ohne Kinder sind besiedelt.
Am häufigsten von manifesten Erkrankungen betroffen sind ganz Junge (Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder) und alte Menschen. Verschiedene chronische Erkrankungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit an Pneumokokkeninfektionen zu erkranken. Besonders hervorzuheben sind natürlich Lungenerkrankungen, aber auch Patienten, denen die Milz entfernt werden musste.
Infektionen der unteren Atemwege inklusive Pneumokokken-Pneumonien stehen nach einer WHO-Statistik nach ischämischen Herzerkrankungen (im weiteren Sinne „Herzinfarkt“), Schlaganfall und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung an 4. Stelle der Todesursachen.
Eine antibiotische Therapie ist bei Lungenentzündungen wirksam. Allerdings werden die Vorteile einer antibiotischen Therapie bezüglich dem Überleben erst ab dem 4. Tag nach Beginn der Therapie erkennbar.
Nicht antibiotisch behandelte Menschen, die an einer Pneumonie ohne Erregernachweis in der Blutkultur erkranken, sterben altersabhängig in bis über 80% der Fälle. Jene mit Pneumokokken in der Blutkultur sterben im höheren Alter fast zu 100% (nicht antibiotisch behandelt).
Nach einer Pneumonie ist das Risiko in den folgenden drei Jahren zu versterben um 30% erhöht, gegenüber Menschen, die keine Pneumonie hatte.
Die Behandlung mit Opiaten erhöht die Wahrscheinlichkeit an einer Pneumonie zu erkranken.
Es stehen Impfstoffe gegen insgesamt 23 verschiedene Serotypen der Pneumokokken zur Verfügung. Dabei weisen die sogenannten „Konjugatimpfstoffe“ (Prevenar®, Synflorix®) viele Vorteile gegenüber den „Polysacharidimpfstoffen“ auf. Insbesondere ist die Immunogenität besser und kann auch bei Säuglingen bereits hervorgerufen werden und das Immungedächtnis ist besser. Da aber der am Markt befindliche Polysacharidimpfstoff (Pneumovax23®) mehr Serotypen (23) umfasst, wird er ebenfalls eingesetzt. Dabei ist es wichtig zuerst mit dem Konjugatimpfstoff zu impfen und erst nach einem Abstand von mindestens 8 Wochen (Empfehlung ein Jahr) mit dem Polysacharidimpfstoff zu ergänzen.
Da es, wie oben bereits ausgeführt 91 Serotypen von Pneumokokken gibt und oft Viren die Ursache für Pneumonien sind, ist es wichtig, einzuschätzen, was man durch die Impfung eigentlich verhindern kann.
Durch die empfohlene Kombination von Konjugat- und Polysacharidimpfstoff sind die meisten Stämme, die an invasiven Pneumokokkenerkrankungen beteiligt sind, abgedeckt. Es sind insbesondere auch Keime erfasst, bei denen es Resistenzprobleme gibt. Die Reduktion der Lungenentzündung durch Pneumokokken ist durch die Impfung nur mit dem Konjugatimpstoff alleine nachgewiesen und beträgt 45%.
Ein absoluter Schutz gegen die „Lungenentzündung“ an sich ist natürlich nicht zu erwarten. Viren sind überhaupt führend und durch die Impfung nicht erfasst, andere bakterielle Erreger kommen ebenfalls vor. Es ist aber plausibel, vor allem einen Schutz gegen schwere Erkrankungen zu erwarten.
Die Häufigkeit an invasiven Pneumokokkenerkrankungen nimmt in den letzten Jahren zu. Im Jahr 2017 wurden in Österreich 545 Fälle erfasst. Genau diese Fälle können mit einer Impfung um 75% reduziert werden.
Die Impfung gegen Pneumokokken führt auch zu einer straken Reduktion der Fälle an Mittelohrentzündung, was für Kinder auch wissenschaftlich nachgewiesen ist.
Außerdem kann die Pneumokokkenimpfung mit dem Konjugatimpfstoff auch die Besiedelung des Nasen-Rachenraumes vermindern und zu einem Herdenschutz führen. Das heißt, dass auch Ungeimpfte seltener erkranken, weil weniger Keimträger vorhanden sind.
Im Österreichischen Impfplan ist eine Impfung gegen Pneumokokken bereits im Säuglingsalter empfohlen. Aus finanziellen Gründen ist nur ein gegen 10 Stämme gerichteter Konjugatimpfstoff im kostenfreien Impfprogramm enthalten. Der Impfstoff gegen 13 Stämme wäre aus medizinischer Sicht sicher zu bevorzugen (privat erhältlich und sinnvoll).
Da schwere Pneumokokkeninfektionen besonders auch Säuglinge betreffen, ist es nicht sinnvoll mit der Pneumokokkenimpfung zuzuwarten.
Die zweite Gruppe für die die Pneumokokkenimpfung empfohlen ist, sind Menschen ab dem 50. Lebensjahr. Für sie ist eine Impfung zunächst mit dem konjugierten Impfstoff und nach einem Jahr mit dem Polysacharidimpfstoff empfohlen. Eine Auffrischung ist generell derzeit nicht empfohlen. Eine Auffrischung nach 5 Jahren, wieder nach dem gleichen Schema wäre eine überlegenswerte Sicherheitsmaßnahme.
Letztlich ist die Impfung für alle Menschen mit erhöhtem Erkrankungsrisiko empfohlen. Das sind natürlich Lungenerkrankungen, aber auch andere Erkrankungen, vor allem auch Menschen, denen die Milz entfernt werden musste. Wenn (z.B. nach Milzentfernung) ein besonders rascher Schutz erforderlich ist, kann der Polysacharidimpfstoff bereits mindestens 8 Wochen nach dem Konjugatimpfstoff verabreicht werden.
Referenz: Univ. Prof. Dr. Florian Thalhammer und Prof.PD.Dr. Volker Strenger im Rahmen der Veranstaltung „Giftiger Donnerstag – Gefahrenquelle Pneumokokken“ vom 29. November 2018, Wien Van Swietensaal