Einleitung und Definitonen:
Wie schon im allgemeinen Beitrag über die Grenzfälle der Antibiotikatherapie ausgeführt, kommen Antibiotika natürlich nur bei Infektionen zur Therapie in Frage. Damit ergibt sich für dieses Kapitel die Voraussetzung, dass es sich um eine Infektion handelt und dass andere Ursachen für den Husten ausgeschlossen sind.
Dieser Beitrag beschränkt sich auf den durch Infektionen der unteren Atemwege oder der Lunge bedingten akuten Husten.
Infektionen der Nase und Nasennebenhöhlen, die ebenfalls als Hustenursache in Frage kommen, werden in diesem Kapitel nicht behandelt.
Als nicht infektionsbedingte Hustenursachen kommen unter anderem in Frage:
Rauchen und andere Inhalationsnoxen, Allergien, allergisches Asthma bronchiale, COPD, Medikamentennebenwirkungen, gastroösophagealer Reflux, Herzerkrankungen, Fremdkörperaspiration, Spontanpneumothorax, upper airway cough syndrome (früher postnasal dripp syndrome), Husten unbekannter Ursache.
Als akut wird Husten bis zu drei Wochen Dauer bezeichnet. Als chronisch wird Husten ab 8 Wochen Dauer bezeichnet. Die oft verwendete Gruppe des „subakuten“ Hustens ist weder in der Ätiologie, noch im diagnostischen und therapeutischen Vorgehen eigenständig und kann daher auch weggelassen werden. Individuell wird man sich entscheiden, ob man eher nach den Empfehlungen des akuten Hustens vorgeht, oder die des chronischen Hustens anwendet. Der chronische Husten ist nur sehr selten infektionsbedingt. Als infektiöse Ursache des chronischen Hustens kommen der länger andauernde Keuchhusten oder die seltene Tuberkulose in Frage.
Lungen- beziehungswiese bronchiale Infektionen, die akuten Husten auslösen sind:
• „common cold“ allgemeine Erkältungskrankheit
• Akute Bronchitis
• Infektexacerbierte COPD
• Influenza („echte Virusgrippe“)
• Pneumonie
• Pertussis (Keuchhusten)
Erkältungskrankheit („common cold“):
Die Erkältungskrankheit ist die häufigste Ursache des akuten Hustens. Sie beginnt meist mit einige Tage dauerndem Schnupfen, leichten Halsschmerzen, eventuell Temperaturerhöhung und mehr oder weniger reduziertem Allgemeinzustand sowie Husten. Während die anderen Symptome meist innerhalb weniger Tage vorübergehen, kann der Husten über einige Zeit persistieren.
Die Erkrankung ist meist durch Rhinoviren ausgelöst, selbstlimitierend und stellt weder eine Indikation für weiterführende technische Untersuchungen, noch für eine antibiotische Therapie dar. Auch das längere Andauern des Hustens ist keine Indikation für eine antibiotische Therapie.
Nach drei Wochen ist eine differenzialdiagnostische Abklärung zu erwägen, spätestens nach acht Wochen soll diese in die Wege geleitet werden.
Die Therapie der Erkältungskrankheit erfolgt durch die unten näher erläuterten symptomatischen Allgemeinmaßnahmen.
Akute Bronchitis:
Die Symptomatik ähnelt zunächst der allgemeinen Erkältungskrankheit, eine bronchiale Obstruktion ist der wesentliche Unterschied. Der Übergang von der allgemeinen Erkältungskrankheit zur akuten Bronchitis ist fließend. Der Husten kann über mehrere Wochen andauern. Die Farbe des Sputums ist für die Differenzierung zwischen viraler und bakterieller Genese nicht aussagekräftig.
Infektiöse Ursachen für die akute Bronchitis sind: Rhinoviren, Adenoviren, RSV, Influenza- u Parainfluenzaviren, Coxsackieviren. Bakterien können oft ebenfalls nachgewiesen werden.
Auch die akute Bronchitis ist meist selbstlimitierend, eine antibiotische Therapie ist im Allgemeinen nicht indiziert. Eine weiterführende technische Untersuchung ist nur bei diagnostischer Unklarheit (z.B. Verdacht auf Pneumonie) indiziert.
Die Therapie der Bronchitis erfolgt durch die unten näher erläuterten symptomatischen Allgemeinmaßnahmen.
Lediglich bei Patienten mit schweren Immundefekten, Alter über 65 Jahren und Komorbiditäten, die eine höhere Komplikationsrate erwarten lassen, soll im Einzelfall eine antibiotische Therapie erwogen werden. Natürlich ist auch bei diesen Patienten eine virale Genese der akuten Bronchitis wahrscheinlich, die Ursache für die Überlegungen sind vor allem diagnostische Unsicherheiten und die schwere von Komplikationen. Beispielsweise verlaufen Pneumonien bei diesen Patienten öfter oligosymptomatisch, Komplikationen sind häufiger und haben schwerere Folgen.
Exazerbierte COPD:
Bei Vorbestehen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung weisen vermehrte Sputummenge und/oder Viskosität, vermehrte Atemnot und verstärkter Husten, eventuell begleitet von Brustenge und Fieber auf eine Exacerbation hin. Nicht jede Verschlechterung einer COPD ist infektiös bedingt.
Neben Viren treten am häufigsten Hämophilus influenzae, Streptoccus pneumonie und Moraxella catarrhalis auf.
Die mikrobiologische Untersuchung des Sputums wird nur bei häufigen Exazerbationen empfohlen.
Die Therpie erfolgt neben Allgemeinmaßnahmen durch eine Intensivierung der Behandlung mit inhalativen Therapeutika und der systemischen Gabe von Corticoiden.
Nur bei dringendem Verdacht auf eine infektiöse Ursache der Verschlechterung durch Erhöhung von Sputumvolumen und Purulenz ist eine antibiotisch Therapie angezeigt.
Zur antibiotischen Therapie bei infektexazerbierter COPD sind folgende Substanzgruppen indiziert:
• Aminopenicilline (ggf. plus Betalactamasehemmer)
• Cephalosporine
• Makrolide
• Tetracyclyine
Prophylaktisch sind die Grippeschutzimpfung und die Pneumokokkenimpfung empfohlen. Sie decken zwar nicht die häufigsten Erreger der Infektexazerbation ab, können aber im Einzelfall sehr schwere Verläufe und Todesfälle verhindern.
Influenza („echte Virusgrippe“):
Die echte Virusgrippe ist eine schwere Allgemeinerkrankung. Diagnostisch wegweisend sind die epidemiologische Ausgangssituation, plötzlich einsetzendes Fieber über 38° mit deutlichem Krankheitsgefühl und Kopf- und Gliederschmerzen. Weitere Symptome, unter anderem Husten sind begleitend möglich. Eine Pneumonie kommt als Komplikation vor.
Antikörperbestimmungen und mikrobiologische Direktnachweise sind möglich, werden aber für die Routinediagnostik nicht empfohlen.
Die Therapie erfolgt durch die unten näher erläuterten symptomatischen Allgemeinmaßnahmen. Der Einsatz von Neuramidasehemmern innerhalb von 48 Stunden nach Fieberanstieg ist möglich, aber von limitierter Effizienz und sollte vor allem bei aufgrund von anderen Grunderkrankungen gefährdeten Personen in Erwägung gezogen werden.
Die Grippeimpfung mit einem tetravalenten Impfstoff ist prophylaktisch empfohlen.
Pneumonie (Lungenentzündung):
Husten, oft mit Auswurf, Luftnot, hohes Fieber, erhöhte Atemfrequenz, erhöhte Herzfrequenz und eventuell Thoraxschmerzen sind hinweisend für eine Lungenentzündung. Ein typischer körperlicher Untersuchungsbefund bestätigt den Verdacht.
Allerdings kann eine Lungenentzündung, insbesondere bei alten Menschen, Immunsupprimierten und Menschen mit einer Vorerkrankung der Lunge atypisch, teilweise sogar ohne Fieber verlaufen.
Diagnostisch sollte bei Verdacht auf eine Lungenentzündung immer ein Lungenröntgen angestrebt werden.
Eine routinemäßige Laboruntersuchung ist bei leichteren Lungenentzündungen, die im ambulanten Bereich behandelt werden können, nicht notwendig.
Eine Sputumuntersuchung ist im ambulanten Bereich nicht erforderlich.
Der häufigste Erreger der Lungenentzündung ist Streptokokkus pneumoniae (Pneumokokken), gefolgt von Mycoplama pneumoniae, Legionella pneumophila und Viren.
Zur Entscheidung ob eine Krankenhauseinweisung erfolgen soll, kann der CRB-65 Score hilfreich sein.
C steht für „mental Confusion“, R für „respiratory Rate“, B für „Blood pressure“ und 65 für das Alter über 65 Jahre.
Für die Faktoren „Verwirrtheit“, „erhöhte Atemfrequenz“ (über 30/min), und „Blutdruck unter 90 systolisch“ sowie ein Alter über 65 Jahren wird jeweils ein Punkt vergeben. Bei 0 Punkten ist die Sterblichkeit gering, eine Krankenhauseinweisung daher nicht nötig. Bei ein bis 2 Punkten ist die Sterblichkeit moderat, eine Krankenhauseinweisung ist daher zu erwägen. Bei 3 Punkten oder mehr soll eine Krankenhauseinweisung unbedingt erfolgen.
Natürlich können andere Faktoren, wie Begleiterkrankungen oder mangelnde Versorgung zuhause die Entscheidung über eine Krankenhauseinweisung beeinflussen.
Die Behandlung der Lungenentzündung ist neben Allgemeinmaßnahmen primär antibiotisch. Die kalkulierte Therapie erfolgt mit Aminopenicillinen (z.B. Amoxicillin mit oder ohne Kombination mit Betalaktamasehemmern), Makroliden, oder Doxycyclin.
Bei schweren Verläufen oder Begleiterkrankungen kommen auch Cephalosporine der 2. Generation in Betracht z.B. Cefuroxim.
Prophylaktisch steht eine Impfung gegen Pneumokokken zur Verfügung, die allen über 50 jährigen, sowie besonders gefährdeten jüngeren Personen zu empfehlen ist.
Pertussis (Keuchhusten):
Der durch das Toxin von Bordetella pertussis hervorgerufene Keuchhusten verläuft in Stadien. Das erste Stadium (Stadium catarrhale) ist klinisch kaum von einer banalen Erkältung zu unterscheiden und wird daher selten erkannt und antibiotisch behandelt.
Im späteren Stadium convulsivum, mit der typischen Keuchhustensymptomatik kommt die Behandlung für den Erkrankten insofern zu spät, als sie den Krankheitsverlauf nicht mehr abkürzt. Allerdings wird dadurch die Zeit der Infektiosität abgekürzt und somit die Dauer der notwendigen Isolierung. Die Infektiosität besteht noch etwa bis 5 Tage nach Beginn der Antibiotikatherapie, die daher mit einem Makrolid oder Azithromyzin erfolgen soll.
Kontaktpersonen, die im gleichen Haushalt mit einem Säugling leben, sollen ebenfalls antibiotisch behandelt werden.
Prophylaktisch wird die Keuchhustenimpfung empfohlen. Jährlich ungefähr 10.000 Erkrankungsfälle in Österreich wären durch die Impfung zu verhindern.
Die weiteren Allgemeinmaßnahmen erfolgen nach den unten angegeben Prinzipien.
Grenzfälle der Antibiotikatherapie bei Husten:
Nach den oben ausgeführten, auf Leitlinien basierten Tatsachen wird klar, dass die gelegentlich vorkommende Behandlung banaler Erkältungskrankheiten, sowie der unkomplizierten akuten Bronchitis keine Grenzfälle der Antibiotikatherapie, sondern obsolet sind und daher unterbleiben sollen.
Bei alten Patienten, die im vergangenen Jahr hospitalisiert waren, sowie bei schweren Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz, oder Immunsupprimierten oder mit höher dosierten Glucocorticoiden behandelten Patienten mit akuter Bronchitis soll eine antibiotische Behandlung erwogen werden, es handelt sich also um Grenzfälle.
Ein klassischer Grenzfall der Antibiotikatherapie bei Husten ist die akut exazerbierte COPD, die dann antibiotisch behandelt werden soll, wenn eine Infektion wahrscheinlich ist. Es gibt dafür aber keinen sehr guten Marker. Als Unterscheidungsmerkmal wird die Zunahme von Sputumvolumen und Viskosität genannt.
Bei der echten Virusgrippe kommt natürlich keine antibiotische Behandlung in Frage, wohl aber die Behandlung mit Neuraminidasehemmern, die bei geringer Effizienz an sich schon als Grenzfall zu betrachten ist. Eine Behandlung mit dieser Substanzklasse ist vor allem bei besonders gefährdeten Personen zu erwägen.
Kein Grenzfall ist die Behandlung der Peumonie, die immer antibiotisch erfolgt, obwohl sie in relevantem Ausmaß viral bedingt sein kann.
Auch beim Keuchhusten ist die antbiotische Therapie im Anfangsstadium (das allerdings selten erkannt wird) unumstritten sinnvoll. Um die Infektiosität abzukürzen ist eine antibiotische Therapie noch bis zu 3 Wochen nach Beginn des Stadium convulsivum sinnvoll. Danach kommt man immer mehr in den Bereich der Grenzfälle. Eine antibiotische Therapie gegen Ende der Erkrankung ist theoretisch jedenfalls unsinnig. Diese Entscheidung ist klinisch vielleicht aber nicht immer leicht zu treffen.
Impfungen bei Erwachsenen:
Die Grundimmunisierung gegen Pertussis und regelmäßige Auffrischungsimpfungen alle 10 Jahre sind klar empfohlen und im Österreichischen Impfplan enthalten.
Die jährliche Impfung gegen Influenza (Virusgrippe) ist laut Österreichischem Impfplan jedem der sich schützen will empfohlen. Besonders dringlich ist die Empfehlung für Personen mit erhöhtem Risiko wie Personen ab dem 50. Lebensjahr, Kindern, Personen im gemeinsamen Haushalt mit kleinen Kindern, Personen mit chronischen Erkrankungen insbesondere Lungenerkrankungen, Reisende, Gesundheitspersonal, Personen mit häufigem Publikumskontakt.
Die Impfung gegen Pneumokokken ist laut Österreichischem Impfplan Personen ab dem 50. Lebensjahr und Personen mit erhöhtem Erkrankungsrisiko empfohlen.
Allgemeinmaßnahmen:
• Ausreichende Flüssigkeitszufuhr, keine übertrieben erhöhte Flüssigkeitszufuhr.
• Wasserdampfinhalationen
• Rauchverzicht
• Lebensführung mit ausreichend Bewegung, vor allem im Freien.
• Exposition gegenüber physikalischen Reizen (z.B. Bewegung in frischer Luft, Sauna, kalte Fußbäder oder kalte Dusche allgemein, oder spezifisch nach den Prinzipien der Kneipptherapie) prophylaktisch
• Phytotherapeutische Maßnahmen Beispiel:
Brusttee/Species pectorales ÖAB
• Flos malvae 10,0 Malvenblüte
• Flos verbasci 10,0 Königskerzenblüte
• Folium althea 20,0 Eibischblatt
• Herba thymi 10,0 Thymiankraut
• Radix althea 20,0 Eibischwurzel
• Radix liquiritiae 25,0 Süßholzwurzel
• Fructus anisii 5,0 Anisfrucht
Bei der Anwendung von Species pectorales ÖAB können verschiedene Wirkungen erwartet werden, die auch experimentell nachgewiesen sind. Doppelblind randomisierte, placebokontrollierte klinische Studien ausreichender Größe zur Wirkung der Teemischung existieren natürlich nicht.
Wirkungen:
• Reizlindernd: Malvenblüte, Königskerzenblüte, Eibischblatt, Eibischwurzel
• Antimikrobiell: Thymiankraut
• Expectorierend: Königskerzenblüte, Thymiankraut, Süßholzwurzel, Anis
• Sekretolytische: Süßholzwurzel, Anis
• Antiphlogistisch: Königskerzenblüte
• Spasmolytisch: Königskerzenblüte, Thymian, Anis