Gelbfieber
Zusammenfassung
Das Gelbfieber ist eine durch Mückenstiche übertragene Viruserkrankung, die in Mittel- und Südamerika und in Subsaharaafrika vorkommt. Eine Infektion mit dem Virus kann zu mittelschweren bis sehr schweren Erkrankungen und zum Tod führen. Die Übertragung erfolgt ausschließlich durch die Mücken, allenfalls durch Bluttransfusionen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch kommt nicht vor.
Der Verlauf ist zweigipfelig. Das heißt, es kommt zuerst zu grippeähnlichen Krankheitserscheinungen (Fieber), danach zu einer Besserung und in etwa 20% der Fälle zur neuerlichen Verschlechterung mit Gelbsucht (daher kommt der Name), Blutungen (unter anderem mit schwarzem Erbrechen) und oft tödlichem Ausgang im Multiorganversagen. Das Gelbfieber gehört also zu den sogenannten „viralen hämorrhagischen Fiebern“.
Gegen das Gelbfieber gibt es eine hervorragend wirksame Impfung, die in einigen Ländern für den Einzelnen sehr sinnvoll ist. In diesen Ländern gibt es Gelbfiebererkrankungen und die Impfung schützt davor, als Reisender angesteckt zu werden. In anderen Ländern (z.B. in Südostasien) kommt das Gelbfieber nicht vor, die Bedingungen für die Ausbreitung der Erkrankung wären aber grundsätzlich gegeben. In solchen Ländern gibt es mitunter eine Impfpflicht für Einreisende, um die Einschleppung zu verhindern.
Damit die Gelbfieberimpfung international behördlich anerkannt wird, muss sie durch eine autorisierte Ärztin, oder einen autorisierten Arzt, oder eine autorisierte Gelbfieberimpfstelle durchgeführt und in einem internationalen Impfpass eingetragen werden.
Erreger
Der Erreger des Gelbfiebers ist ein Flavivirus. Dabei handelt es sich um ein Virus mit positivsträngigem RNA-Genom.
Weitere Viren der Gruppe wären beispielsweise das FSME-Virus, das Dengue-Virus, das Japan-Encephalitis-Virus und das West-Nil-Fieber-Virus.
Die praktische Bedeutung, des Umstandes, dass verschiedene andere Virusarten zur gleichen Gruppe gehören, liegt darin, dass einfache Antikörpertests kreuzreagieren können. Das heißt, dass positive Ergebnisse eines Suchtests (z.B. ELISA, IFA) weder eine Infektion mit einem der genannten Viren, noch einen Impfschutz anzeigen. Zur sicheren Unterscheidung ist bei dieser Virusgruppe der Neutralisationstest nötig.
Praktische Beispiele:
Eine meiner Patientinnen wollte keine FSME Auffrischungsimpfung nach Schema, sondern vorher eine Titerbestimmung. Da sie aber gegen Gelbfieber geimpft war, war der teurere Neutralisationstest nötig. Die FSME-Impfung war trotzdem nötig, die Kosten waren mehr als doppelt so hoch, als wenn sie sich gleich impfen hätte lassen.
Bei einer Patientin mit einer fieberhaften Erkrankung war im ELISA ein positiver Titer gegen Dengue (ein anderes Flavivirus) auffällig. Die Patientin war gegen FSME geimpft. Der Neutralisationstest auf Dengue war aber negativ. Als Fieberursache konnte im Verlauf Typhus nachgewiesen werden.
Epidemiologie:
Verbreitung
Das Gelbfieber kommt in Afrika etwa von 15° nördlicher bis 18° südlicher Breite und in Südamerika von 15° nördlicher bis 40° südlicher Breite vor. Der westafrikanische Raum und das Amazonasgebiet gelten als besonders gefährdet.
Weltweit erkranken jährlich etwa 200.000 Menschen an Gelbfieber und 60.000 sterben daran (WHO).
Die folgenden Karten zeigen die Verbreitung des Gelbfiebers.
Eine Besonderheit ist, dass es 2017 in Küstengebieten von Brasilien Ausbrüche gab, die seit langem als gelbfieberfrei gegolten hatten. Die Möglichkeit, dass Gelbfieber in Gegenden ausbricht, in denen es schon lange nicht mehr vorkam ist aufgrund der Besonderheiten des Reservoirs für Gelbfieber gegeben und wird unten diskutiert (Sylvatischer Zyklus).
https://www.cdc.gov/yellowfever/maps/south_america.html
Quelle: U.S. Department of Health & Human Services (www.cdc.gov)
https://www.cdc.gov/yellowfever/maps/africa.html
Quelle: U.S. Department of Health & Human Services (www.cdc.gov)
Reservoir und Infektionsweg
Sylvatischer Zyklus (Dschungelgelbfieber)
Das Gelbfiebervirus kann in Affenpopulationen zirkulieren. Es sind vor allem Affenarten, die unter dem Dach der Bäume leben, beteiligt. Die übertragenden Mücken sind in Afrika vor allem aus der Gattung Aedes, in Südamerika aus der Gattung Haemagogus. Zufällig können Menschen durch Insektenstich mit einem Virus, das in den Affenpopulationen zirkuliert infiziert werden.
Der sylvatische Zyklus bedingt zwei Besonderheiten: Erstens kann das Gelbfieber durch Impfung der Menschen nicht ausgerottet werden. Zweitens kann es selbst nach Jahrzehnten, in denen es in einem Gebiet zu keinen Erkrankungsfällen bei Menschen gekommen ist, wieder auftreten (z.B. 2017 in Küstengebieten von Brasilien). Eventuell können auch Wanderungen der Affenpopulationen und des Virus zur Ausbreitung beitragen.
Interessant ist, dass infizierte Affen in Südamerika häufig schwer erkranken und sterben, während die afrikanischen Affen sich als erstaunlich resistent gegen die Infektion zeigen. Dies wird als Hinweis auf eine evolutionäre Anpassung zwischen Virus und Wirt gedeutet und als Hinweis darauf, dass das Gelbfieber ursprünglich aus Afrika stammt.
Urbaner Zyklus (Stadtgelbfieber)
Wird das Virus in Gebieten mit ausreichender Bevölkerungsdichte und ausreichender Anzahl an übertragenden Mücken (Aedes aegypti) auf den Menschen übertragen, kommt nun dem Menschen die Rolle als Wirt zu und es kann zu Ausbrüchen und einer explosionsartigen Ausbreitung entlang von Verkehrsrouten kommen. Diese Ausbrüche und die Ausbreitung kann durch die Gelbfieberimpfung wirksam bekämpft werden.
Neben der Impfung ist die Verminderung der Brutstätten der Vektoren (Überträger) eine wirksame Maßnahme gegen die Ausbreitung des Gelbfiebers im urbanen Zyklus. Dabei sind vor allem offene Wasserstellen (Zisternen, Lacken, selbst Blumentopfuntertassen, alte Autoreifen usw.) zu vermeiden, die günstige Brutbedingungen für die Mücken bieten. Der Transport von Autoreifen in denen Wasser steht, kann zur Verbreitung von infizierten Mücken und somit zu Gelbfieberepidemien beitragen.
Vertikale Transmission in der Mücke
Eine vertikale Transmission in infizierten Mücken, d.h. Weitergabe an die Brut ist bekannt. Die Bedeutung dieser Tatsache für die Epidemiologie ist nicht eindeutige belegt, aber plausibel.
Erkrankung
Inkubationszeit
3 bis 6 Tage
Klinische Symptomatik
3 bis 6 Tage nach der Inokulation des Virus, die durch den Stich einer infizierten Mücke erfolgt, kommt es zu hohem Fieber, Kopf und Gliederschmerzen. Der Puls kann im Vergleich zu der Körpertemperatur niedrig sein (Faget Zeichen). Epigastrische Druckschmerzen und Nasenbluten können vorkommen.
Die Haut, zunächst im Gesicht, später auch am Stamm ist überwärmt und gerötet (Reds stage).
Nach wenigen Tagen kommt es zur Besserung (period of calm).
Bei etwa 15-20% der Erkrankten kommt es nach dieser Besserungsphase zu einer neuerlichen Verschlechterung. Das sogenannte Manifestationsstadium oder Intoxikationsstadium ist erreicht. Es kommt zum neuerlichen Fieberanstieg, zum Auftreten eines sogenannten hepatorenalen Syndroms mit Leberversagen und Nierenversagen, das sich klinisch in Ikterus (yellow stage) und Oligo- bis Anurie manifestiert. Die nun massive Blutungsneigung tritt durch Bluterbrechen (vomito negro), Nasenbluten, Schleimhautblutungen, Hautblutungen, blutigen Entleerungen aus dem Darm in Erscheinung.
In diesem Stadium des Multiorganversagens kommt es auch zu Delir und Koma.
Am sechsten oder siebten (bis 10.) Tag tritt der Tod ein.
Eine Ausheilung kann in jedem Stadium prinzipiell erfolgen. Tritt jedoch das Intoxikationsstadium einmal auf, ist die Letalität sehr hoch.
Es gibt keine kausale Therapie des Gelbfiebers. Durch Allgemein- und intensivmedizinische Maßnahmen wird versucht, das Überleben des Patienten bis zur Ausheilung zu erreichen.
Gelbfieberimpfung
Es steht seit vielen Jahren ein auf Hühnerembryonen gezüchteter, ausgezeichnet wirksamer Lebendimpfstoff gegen Gelbfieber zur Verfügung (Stamaril®).
Indikation
Die Indiktion sind der (geplante) Aufenthalt in einem Gelbfieberendemiegebiet, oder gesetzliche Einreisebestimmungen.
Kontraindikationen
Kontraindikationen sind Hühnereiweißallergie, Erkrankungen des Thymus (z.B. Myasthenia gravis, operative Entfernung des Thymus), Multiple Sklerose, Immundefekte, Alter unter 6 Monaten, fortgeschrittene maligne Erkrankung.
Bei HIV-Erkrankten gilt eine CD4 Zahl unter 200/mm3 als Kontrainidkation, bei CD 4 Zahlen zwischen 200 und 499/mm3 soll eine strenge Risikoabwägung erfolgen, bei CD4 Zahlen ab 500/mm3 kann die Impfung erfolgen.
Bei Schwangeren soll eine Impfung nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen.
Bei Stillenden soll eine Impfung nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen, da eine Übertragung des Impfvirus auf das Kind durch Stillen möglich ist und auch schon gezeigt werden konnte.
Bei Menschen ab dem 60. Lebensjahr kommt es etwas häufiger zum Auftreten von schweren Nebenwirkungen (siehe unten). Daher ist die Indikation in diesem Alter eng zu stellen.
Nebenwirkungen
Trotz der allgemein guten Verträglichkeit der Gelbfieberimpfung kann es selten bei bestimmten Personengruppen zum Auftreten schwerer Nebenwirkungen kommen.
Diese Nebenwirkungen sind die Gelbfieber-Impfstoff-assoziierte-neurotrope und die Gelbfieber-Impfstoff-assoziierte-viszerotrope Erkrankung.
Aufgrund der Seltenheit dieser Nebenwirkung sind die Häufigkeitsangaben schwierig. Die Gelbfieber-Impfstoff-assoziierte-neurotrope Erkrankung kommt vor allem bei einem Alter unter 9 Monaten bei Erstimpfung und die Gelbfieber-Impfstoff-assoziierte-viszerotrope Erkrankung bei einem Alter von über 60 Jahren bei Erstimpfung vor. Jedenfalls werden die Häufigkeiten mit unter 1/100.000 Geimpften angegeben.
Erst 14 mal insgesamt (bei mehreren hundert Millionen Impfungen) kam es bei Zweitimpfungen zum Auftreten solcher Nebenwirkungen.
Dauer des Impfschutzes und Empfehlungen zu Auffrischungsimpfungen
Mit 11. Juli 2016 hat die WHO den Beschluss gefasst, die Gültigkeitsdauer einer Gelbfieberimpfung von „zehn Jahren“ auf „lebenslang“ anzuheben.
Diese Anhebung der „offiziellen Wirkdauer“ ist vor allem dann eine große Erleichterung, wenn die Impfung nur aufgrund von Einreisebestimmungen in ein Land notwendig ist, um die Einschleppung von Gelbfieber zu verhindern und keine Ansteckung des Reisenden selbst in diesem Land zu erwarten ist.
Weiters ist diese Bestimmung für Menschen, die in einem Endemiegebiet leben plausibel. Diese Menschen kommen immer wieder mit dem Gelbfiebervirus in Berührung, so dass es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu Boostereffekten („natürliche Auffrischung“) kommt.
Für Reisende, die nicht in einem Endemiegebiet leben, aber ein Endemie- oder Ausbruchsgebiet bereisen, kann nicht mit ausreichendem Impfschutz, mehr als 10 Jahre nach Gelbfiebererstimpfung gerechnet werden. Daher wird für solche Reisende weiterhin eine Auffrischungsimpfung empfohlen.
Gründe für die Abweichung der Impfempfehlung von den Bestimmungen der WHO sind:
Es gibt keine belastbaren Daten für ausreichenden Impfschutz mehr als zehn Jahre nach Erstimpfung bei Reisenden, die nicht in einem Endemiegebiet leben.
Impfversager nach Gelbfiebererstimpfung kommen vor.
Bestimmte Umstände begünstigen eine nicht ausreichenden Impfschutz 10 Jahre nach erstmaliger Gelbfieberimpfung.
Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen:
- Personen, die bereits eine Gelbfieberimpfung erhalten haben, sollten nach Ablauf von zehn Jahren erneut eine Impfung erhalten, sofern sie eine Reise in ein rezent aktives Endemiegebiet planen.
- Dies gilt in besonderem Maß für folgende Personen:
- Personen, die zeitgleich mit der Gelbfieberimpfung eine Lebendimpfung erhalten haben
- Personen, die vor dem zweiten Geburtstag erstmalig geimpft wurden
- Frauen, die während der Schwangerschaft geimpft wurden
- HIV-Infizierte
- Personen, die unter geringgradiger Immunsuppression (z.B. Kortisontherapie) geimpft wurden
- Personen die seit der Gelbfieberimpfung eine starke immunsuppressive Therapie, oder Stammzelltransplantation erhalten haben und sich wieder in einem immunkompetenten Zustand befinden.